Von Süd nach Nord
Verzwickte Radwege aus Südwest
Mit dem Fahrrad im Westen Nürnbergs Frankenschnellweg und Bahn überwinden
Links stehen die Autos zweispurig, warten auf Grün. Keine hundert Meter weiter, jetzt stehen die Autos auf vier Spuren, und noch einmal vierzig Meter, nun kommen Kraftfahrzeuge auf drei Spuren von rechts. Ab in die dunkle Unterführung, etwas mehr als hundert Meter, eine Ampel noch – der Radfahrende hat Gostenhof durch die Schwabacher Straße und die Kohlenhofstraße erreicht.
Weiter Richtung Innenstadt führt der Weg dann durch Straßen mit links und rechts parkenden Pkw. Schon heute ist es eine Tempo-30-Zone. Aber Parkplatz-Suchverkehr, Parken in zweiter Reihe und die Enge machen das Fahren mit dem Rad zum Plärrer nicht angenehm.
Was sich wie ein Alptraum für alle, die Fahrrad fahren, anhört, ist schon die beste Verbindung zwischen den bevölkerungsreichen Nürnberger Stadtteilen Sankt Leonhard und Gostenhof. Jeder, der ein Routingsystem nutzt, wird so geführt und auch der Fahrradstadtplan Nürnbergs weist sie als beschilderte Radroute von übergeordneter Bedeutung aus. Die Zufahrten über den Leonhardsplatz oder die Ampel am Pferdemarkt zu dem rund fünfhundert Meter langen Zwei-Richtungs-Radweg an der Schwabacher Straße wollen aber erstmal gefunden werden.
Die Gegenrichtung
Und vom Plärrer nach Sankt Leonhard? Die Route nimmt dieselbe Strecke umgekehrt. Fahrbar, aber nicht wirklich angenehm. Hier soll einmal der „grüne Weg zum Faberpark“ entlangführen. Die Stadt plant Verbesserungen, derzeit vor allem in Gostenhof. Das „Nadelöhr“ Bahnunterführung und Frankenschnellweg wird Radfahrenden wohl noch einige Zeit erhalten bleiben.
Startpunkt weiter westlich …
Richtig schwierig ist die Radroute dann dreihundert Meter weiter westlich. Der Radstreifen auf der Rothenburger Straße, der gerne auch zum Kfz-Parken genutzt wird, endet kurz vor dem Frankenschnellweg. Radfahrende dürfen dann entscheiden: Rolle ich „Am Leonhardspark“ mit Schrittgeschwindigkeit bis zur Schwabacher Straße und dann weiter wie schon beschrieben? Oder fahre ich nach vier Ampeln auf der linken Seite der Rothenburger Straße über einen engen Bürgersteig durch die Bahnunterführung nach Norden? Menschen zu Fuß und auf dem Rad drängen sich hier auf schmalem Hochbord in beiden Richtungen, während daneben der Autoverkehr auf drei Spuren stadtauswärts fährt.
Wer dort stadteinwärts durch ist, stößt an der nächsten Kreuzung auf ein Problem. Nur nach rechts in die Knauerstraße oder nach links in die Spenglerstraße geht es radfahrend weiter. Gut, wer sich auskennt.
An dieser Stelle, der sogenannten Schlachthofkreuzung, ist keine Strecke dabei, die Radfahrende gerne fahren. Und sein Kind möchte vermutlich keine Familie dort entlang in die Innenstadt schicken. Unterschiedlichste Pläne gibt es für diese Verbindungen in die Innenstadt, vom Ausbau des Frankenschnellweges bis hin zum Stadtkanal. Doch bis die Ideen in Grün, Stein und Asphalt umgesetzt sind, vergeht ein Jahrzehnt, wenn nicht noch mehr Zeit. Radfahrende haben heute und morgen nichts davon.
Noch weiter westlich …
Nach der vielleicht besten und der schlechtesten von den schwierigen Radrouten aus dem Südwesten Richtung Gostenhof und Plärrer folgt die Jansenbrücke, die ein Teil des Westrings ist. Hier tost den ganzen Tag der motorisierte Verkehr.
Die Brücke fühlt sich für Radfahrende wie auch für Autofahrende wie eine Autobahnauffahrt an. In beiden Richtungen führen schmale Radwege über die Brücke. Je zwei Auffahrten und zwei Abfahrten, die zum Teil zweispurig sind, müssen überquert werden. Direkt vor den ersten Auffahrten mündet der Hochbordradweg in einem Radfahrstreifen auf Straßenniveau. Genau an diesen Stellen kommen dann auch noch rechtsabbiegende Lkw und Pkw dazu. Auf der Brücke gibt’s eine Ampel für den Radverkehr; wer hier wartet, wartet in Tuchfühlung zu Lkw oder Bussen. Danach muss das Fahrrad wieder auf den Hochbordradweg. Rauf und runter – verwirrend für alle.
Keine Alternative
Die nächste Stelle, den Riegel aus Frankenschnellweg und Bahnlinie zu überqueren, ist der Leiblsteg. Der ist für Fahrradfahrende tabu. Zu steil sind die Auf- und Abfahrten. Der Steg ist auch nur für Fußgänger zugelassen. … und doch nutzen ihn auch Menschen mit dem Rad: immerhin ist er im Fahrradstadtplan als „ruhige Strecke über Nebenstraßen“ mit einer Unterbrechung am Steg ausgewiesen.
Entlang der Mauer im Westen
Immer an der Mauer lang läuft dann die letzte Möglichkeit, auf Nürnberger Stadtgebiet Frankenschnellweg und Bahn zu unterqueren: Rechts die Mauer, links Kfz, deren Lenker:innen es offensichtlich schwierig ist, das Tempo-Limit einzuhalten. Der Weg endet dann an der U-Bahn-Haltestelle Muggenhof. Regelkonform ist nur, Richtung Innenstadt bis kurz hinter die Ringbahnbrücke zur fahren – auf einem schwierigen Radweg. Weiter Richtung Pegnitz geht es nur über die Fußgängerüberwege. An einer der gefährlichsten Kreuzungen der Stadt wird kaum jemand auf die Fahrbahn wechseln.
Aus dem Südwesten erreichen Radfahrende diese Kreuzung über die Sigmundstraße; diese Verbindung wird tatsächlich vielfach genutzt. In der Straße mit vielen Gewerbebetrieben gibt es zwar eine rudimentäre Radfahrinfrastruktur auf beiden Seiten, die aber im Wesentlichen aus Strecken „Fußgänger, Radfahrer frei“ besteht. Dort fordert die StVO Schrittgeschwindigkeit.
In der anderen Richtung hin zur Brettergartenstraße wechseln sich Radstreifen, Fahren auf der Fahrbahn, linksseitiger Zwei-Richtungsradweg und gleichzeitig rechtsseitiger Radweg munter ab. In Gegenrichtung ist noch einmal „Fußgänger, Radfahrer frei“ dabei.
Persönliche Wege und kurzfristige Lösungen
Für Menschen, die mit dem Rad die Barriere Frankenschnellweg und Bahnlinie kreuzen wollen, ist der heutige Zustand höchst unerfreulich. Realistisch betrachtet wird niemand kurzfristig an Veränderungen glauben. Radfahrende, die vielfach die gleiche Verbindung brauchen, müssen mit verschiedenen Varianten experimentieren; und dann die persönlich sicherste und angenehmste Route wählen.
Politik und Verwaltung haben es in der Hand, die Probleme zu identifizieren und stufenweise zu lösen. Das Warten auf die großen Maßnahmen hilft Radfahrenden erst in Jahren. Lückenschlüsse, eine gut gewartete Beschilderung und Übergangslösung greifen kurzfristig und belasten den Stadthaushalt nicht übermäßig.
Autoren:
Joachim Tüns und Hermann Ross